Sonntag, 15. November 2015

Mir geht es gut. Vielen Anderen nicht.

So, das wird der zweite Post, den ich heute hochlade, aber es erschien mir einfach unpassend, dass was ich hier schreiben werde ans Ende des anderen Posts zu packen.

Es steht auch schon im Titel: Mir geht es gut. So ziemlich der erste Satz, den ich allen geschickt habe, die mich seit Freitag Abend angeschrieben haben.

Jeder, der an diesem Wochenende Nachrichten geschaut hat, wird mitbekommen haben, was am Freitag Abend/der Nacht auf Samstag hier in Paris passiert ist. Eher weniger wurde aber darüber informiert, zumindest hier in Frankreich, dass es auch Anschläge in Beirut und Bagdad gab.

Als wir am Freitag Morgen in der Schule noch Witze darüber rissen, dass heute ja Freitag der dreizehnte ist und deswegen etwas schlimmes passieren müsse, wenn man den abergläubisch wäre, konnten wir ja nicht ansatzweise ahnen, dass abergläubische Leute mit ihren Befürchtungen Recht hatten.

Ich habe an diesem Abend zusammen mit meinen Gasteltern das Fußballspiel im Fernsehen geschaut, ich meine Deutschland gegen Frankreich, ich bin als Deutsche ein Jahr in Frankreich, da ist das ja mehr oder weniger Pflicht, das zu schauen. Die Explosionen in der Nähe vom Stadion hat man zwar übers Fernsehen gehört, da der französische Kommentator aber nichts weiter dazu gesagt hat, habe ich da gar nicht groß weiter drüber nachgedacht. Bis mir dann jemand aus Deutschland schrieb, dass der Kommentator dort etwas von einer Bombendrohung erzählt. Wenn man genauer drüber nachdenkt, ist es verständlich, dass der französische Kommentator nichts dazu gesagt hat. Wenn man sich vorstellt, dass diejenigen, die zuhause schauen dann ihren Bekannten/Familienangehörigen/Freunden/wasauchimmer im Stadion, die davon nichts wissen, sagen, dass es eine Bombendrohung gab, wäre dort eine Massenpanik ausgebrochen, die nicht kontrollierbar wäre. So hatten die Verantwortlichen mehr Zeit, zu planen, wie sie die Menschen im Stadion irgendwie ansatzweise! beruhigen und Sicherheit gewährleisten können.

Zu den einzelnen Anschlägen an sich brauche ich Nichts schreiben, von der immensen Zahl an Toten und Verletzten und dem ganzen Ausmaß wurde schon genug berichtet. Da mich relativ viele gefragt haben, wie weit ich davon entfernt war, zum Glück bin ich den ganzen Abend (ok eigentlich bis jetzt) in de Wohnung geblieben, hier mal ein Bild, der neu gemalte grüne Punkt bin ich ungefähr:

Quelle (ohne grünen Punkt): http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/11/13/explosionen-und-schiesserei-vor-stadion-in-paris/

 Von der Wohnung bis zum Bataclan sind es so ca. 2.5 km, also schon nah dran. Das hat man auch daran gemerkt, wie viele Polizeiautos und Krankenwagen hier vorbeigefahren sind.
An dem Abend habe ich also nach dem Spiel bestimmt zwei Stunden lang Nachrichten geschaut und dann gesagt, dass ich versuchen werde zu schlafen. Das ist leichter gesagt als getan, nachdem ich das gesagt habe war ich bestimmt noch 3 Stunden wach. Während dieser drei Stunden habe ich abwechselnd zwei Liveticker (einen auf deutsch, einen auf französisch) aktualisiert, um zu wissen, was jetzt noch weiter passiert ist und allen Leuten zurückgeschrieben, die sich um mich Sorgen gemacht haben. Wenn ich in der Nacht von Freitag auf Samstag drei Stunden geschlafen habe, war das viel. Am gestrigen Tag habe ich mit unterschiedlichen Leuten insgesamt bestimmt 7 Stunden lang geskypt, davon schon allein 2 mitten in der Nacht. Danke nochmal Felix, falls du das liest, dass ich dich volllabern durfte, hat mir in dem Moment wirklich geholfen.
Eigentlich haben wir auch fast jeden Samstag eine Klassenarbeit zu schreiben (man kann sich ja nichts schöneres vorstellen, als am Samstag früh aufzustehen), aber gestern ausnahmsweise nicht. Hätten wir eine an dem Tag gehabt, wäre die ausgefallen, genauso wie alle anderen schulischen Aktivitäten aller Schule und Universitäten in der Region (bin mir nicht ganz sicher, ob in der ganzen Region Ile-de-France oder nur in Paris).

So langsam fange ich an zu realisieren, was überhaupt passiert ist. Ich meine, ich weiß, was passiert ist, ich hab die Nachrichten gesehen und alles, ich weiß, dass so und so viele Leute (die Zahl steigt ja immer weiter) tot sind und jede Menge verletzt. Aber irgendwie kommt das erst jetzt so langsam in  dem Teil meines Gehirns an, der dafür da ist, das bewusst zu wissen.

Zum Glück hatte ich am Freitag für gestern ausgemacht, mich mit jemanden aus meiner Klasse zu treffen, um zusammen die Mathehausaufgaben zu machen. Ablenkung von zu viel Nachdenken tut immer gut. Genauso wie die 4 Stunden, die mir überhaupt nicht so lang vorkamen, zocken und reden am Abend, danke dafür Fynn.

Und weil das so mit das war, was mir am meisten geschrieben wurde in den letzten 2 Tagen: Ich werde auf mich aufpassen. Ich hab euch alle lieb und bin so verdammt froh, nicht dort an einem der Orte der Anschläge gewesen zu sein.

Es muss so schrecklich sein für die Familien oder Freunde oder wasauchimmer von denjenigen, die dort umgekommen sind. Aber auch für die, die gerade so entkommen sind, überlebt haben und jetzt ihr ganzes Leben diese grausamen Erfahrungen als Erinnerungen haben. Diese Leute tun mir alle so leid und ich bin richtig froh, dass ich dort nicht war (ich schreibe das glaube ich zu oft hier). Ich wünsche diesen ganzen Leuten die ganze Kraft und Unterstützung die sie in dieser verdammt schweren Zeit brauchen.

Ich hoffe, das was ich jetzt schreibe wird nicht falsch verstanden:
Ich weigere mich dagegen, mich gefühlt der Hälfte meiner facebook-Freunde anzuschließen, die ihr Profilbild mit einer Frankreichflagge versehen und Bilder mit "Pray for Paris" oder ähnlichem posten. An sich ist das eine verdammt gute Idee und es gibt jede Menge Leute, auf die das folgende nicht zutrifft.
Ich rede von denjenigen, die das machen, weil es alle machen, die einfach "#prayforparis" schreiben und denken jetzt wäre alles gut und sie haben sich sehr dafür eingesetzt, die sehen, dass ihnen facebook vorschlägt, ihr Profilbild in blau-weiß-rot zu gestalten um Anteilnahme für Frankreich zu zeigen. Ich würde es als "geheuchteltes Mitgefühl" beschreiben, obwohl die Formulierung auch wieder nicht ganz passt. Es ist schwer zu beschreiben warum mir das nicht passt, ich hoffe der Eine oder Andere hat verstanden, was ich meine.

Ganz zum Schluss noch ein was: Ich hasse diese Leute, Terroristen. Die einfach unschuldige Leute umbringen. Was haben diese Leute auf dem Metal-Konzert euch getan? - Genau, NICHTS. Genauso wie die anderen Leute, die auf der ganzen Welt die Opfer unzähliger Terror-Anschläge werden.
Ich weiß, es ist naiv, aber ich bin manchmal echt naiv, aber können sich einfach nicht die Menschen auf der Welt lieb haben verdammt? Kann man denn mal nicht verstehen, dass die unschuldigen Leute, die Zivilisten, am meisten unter Kriegen leiden? Können wir nicht einfach unsere Zeit auf diesem Planeten miteinander statt gegeneinander verbringen?


Es tut mir leid für den Gefühlsausbruch am Ende und Danke, wenn du bis hier in gelesen hast <3
(Rechtschreibfehler und unlogischer Satzbau ist mir vollkommen egal, ich lese den langen Text jetzt nicht nochmal Kontrolle)

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